In den 1990er-Jahren entdecken brasilianische Forschende einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von übermässig verarbeiteten Lebensmitteln und Übergewicht. Dies führt zur Entwicklung des Nova-Systems, einer Klassifizierung der Lebensmittel nach dem Grad ihrer Verarbeitung. Seither häufen sich die Meldungen zu den negativen Auswirkungen des Konsums von übermässig verarbeiteten Lebensmitteln.
Anfangs Mai 2009 veröffentlicht ein brasilianischer Professor für Ernährung und Öffentliche Gesundheit eine These in der Zeitschrift Public Health Nutrition. Das Problem im Zusammenhang mit der Ernährung und Gesundheit seien nicht die Lebensmittel oder die Nährstoffe, sondern vielmehr ihre Verarbeitung 1. Der Verfasser der These, Carlos Monteiro, macht sich damit gleich an zwei Fronten unbeliebt: In der Lebensmittelindustrie und bei den auf einzelnen Nährstoffen fokussierten Wissenschaftler:innen, die die Qualität eines Lebensmittels anhand von einem oder wenigen darin enthaltenen Nährstoffen beurteilen. Eine auf Einzelnährstoffe fokussierte Autorin belächelt die These von Monteiro sogar in einer öffentlichen Replik mit dem Titel «The good, the bad, and the ultra-processed» 2. Die Forschung der letzten zehn Jahre hat Monteiro Recht gegeben. Aber die kritischen Stimmen sind nicht ganz verstummt.
Eine Klassifizierung der Lebensmittel nach ihrem Verarbeitungsgrad
Monteiro untersucht mit seinem Team in den 1990er-Jahren den Zusammenhang zwischen der Ernährung und dem Übergewicht und den damit zusammenhängenden, nicht-übertragbaren Krankheiten 3. Entgegen ihren Erwartungen finden sie aber in Brasilien keine Parallelen zwischen einer sich ändernden Zufuhr an einzelnen Nährstoffen oder Lebensmittel und dem Auftreten des Übergewichts oder der nicht-übertragbaren Krankheiten. Das Forschungsteam aus Sao Paulo entdeckt hingegen eine klare Korrelation zwischen bestimmten, industriell verarbeiteten Lebensmitteln und der steigenden Häufigkeit an Übergewicht und Adipositas. Diese verarbeiteten Lebensmittel wiesen mehrere gemeinsame Eigenschaften auf: Sie waren fix-fertig zubereitet und entweder energiereich, fettig, zuckerhaltig oder salzig, und so produziert, dass sie geschmacklich sehr attraktiv sind.
Als übergeordnete Eigenschaft dieser Lebensmittel definieren Monteiro und sein Team einen hohen Grad der industriellen Verarbeitung und entwickeln ein neues System zur Klassifizierung der Lebensmittel. Das neue System gruppiert die Lebensmittel nicht nach ihrer Art, wie zum Beispiel die Früchte oder Gemüse, und auch nicht nach einem Hauptnährstoff, wie die Proteinlieferanten. Das wesentliche Merkmal für ihre Unterscheidung ist das Ausmass ihrer Verarbeitung. Monteiro stellt dieses System 2009 in seiner These vor und verfeinert es zusammen mit seinem Team in den folgenden Jahren gleich mehrfach. Im Jahr 2012 heisst es dann unmissverständlich:
«Unsere These im Rahmen unserer allgemeinen Theorie ist: Der wichtigste ernährungsbezogene Treiber der Pandemie des Übergewichts und der Fettleibigkeit sowie der damit verbundenen, chronischen nicht-übertragbaren Krankheiten ist das, was wir als übermässig verarbeitete Produkte bezeichnen [im engl.: Ultra-processed products]. Diese sind zwar essbar und in der Regel sehr schmackhaft, aber es handelt sich dabei nicht um echte Lebensmittel» 3.
Die Entwicklung der Nova-Klassifizierung
Nova-Gruppe 1: Nicht oder minimal verarbeitete Lebensmittel
Nova-Gruppe 2: Verarbeitete kulinarische Zutaten
Nova-Gruppe 3: Verarbeitete Lebensmittel
Nova-Gruppe 4: Übermässig verarbeitete Lebensmittel-Produkte
Erkennen von übermässig verarbeiteten Lebensmitteln
Übermässig verarbeitete Lebensmittel und die Gefahr für Erkrankungen
Fazit
Quellen
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