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Pflanzliche Proteine spiegeln als Alternativen zum tierischen Protein unseren Zeitgeist wider. Während positive Diskussionen wie zu ihrer Nachhaltigkeit populär sind, gilt jede negative Presse zu den pflanzlichen Proteinen als verpönt. Oft ist es sogar schwierig, rein sachlich über ihre physiologische Qualität zu sprechen. Wir erlauben uns trotzdem einen Vergleich beider Proteinquellen.

Es gibt zweierlei Empfehlungen in der Ernährung. Die einen basieren auf Nährstoffen und die anderen auf Lebensmitteln. Die auf Lebensmittel basierten Empfehlungen gruppieren die Lebensmittel oft anhand eines «Leit-Nährstoffs», der in bedeutenden Mengen in diesen Lebensmitteln vorhanden ist. Das Paradebeispiel dieses Prinzips sind die Gruppe der Proteinlieferanten wie beispielsweise Fleisch, Fisch, Bohnen oder Tofu, deren empfohlene Menge eine äquivalente Menge an Protein enthalten soll 1,2.

Die Berechnung solcher Proteinäquivalenzen fusst aber allein auf dem Gehalt der Proteine, der über die Analyse des Stickstoffs ermittelt wurde. Da diese Analysen oft zu falschen Proteingehalten führen (siehe «Der deklarierte Proteingehalt täuscht!»), ist eine solche Berechnung der Äquivalenzen bereits aus diesem Grund fachlich infrage zu stellen. Ein weiterer Aspekt macht aber die Proteinäquivalenzen vollends unbrauchbar: Sie ignorieren die physiologische Qualität des Proteins.

Das Ergebnis einer Untersuchung des Teams um Robert Wolfe, einem Top-Forschenden auf dem Gebiet der Proteine, unterstreicht die Untauglichkeit solcher Proteinäquivalenzen. Bei Erwachsenen war der Nettoaufbau an Körperprotein nach der Einnahme von äquivalenten Mengen an pflanzlichen Proteinlieferanten wesentlich geringer als nach Einnahme von tierischen Proteinlieferanten. Im Extremfall betrug der Unterschied fast das Fünffache (Gemisch an Nüssen versus Rindfleisch) 3.

Proteine dürfen nicht nur anhand ihrer Menge beurteilt werden

Robert Wolfe und sein Team kommen zum Schluss, dass die physiologische Äquivalenz für die Proteine in den US-Empfehlungen nicht gewährleistet ist. Daher sei bei der Entwicklung neuer Empfehlungen insbesondere die geringere anabole Antwort der pflanzenbasierten Proteine neu zu berücksichtigen 3.

Die US-Forschende sprechen damit einen Aspekt an, der eigentlich schon lange bekannt ist: Eine physiologische Beurteilung der Proteine, die allein auf ihrer eingenommenen Menge basiert, ist fachlich nicht haltbar. Der Grund liegt auf der Hand: Der Körper benötigt nicht «Protein», sondern seine Bausteine, die Aminosäuren. Der entscheidende Faktor für die physiologische Beurteilung der Proteine ist dementsprechend die Verfügbarkeit der einzelnen Aminosäuren am Ort ihrer Nutzung in den Körperzellen 4. Ein Protein gilt dabei als umso hochwertiger, je mehr davon im Körper genutzt werden kann 5. Mit ihrer Untersuchung bestätigen Wolfe und sein Team auch Erkenntnisse, die sie schon vor Jahrzehnten zu Tage brachten. Die metabole Wirkung der Proteine hängt nur von einem Teil des Proteins ab: Dem Gehalt der verfügbaren, essenziellen Aminosäuren 6,7.

Physiologische Beurteilung der Proteine: Ein multifaktorieller Prozess

Die variierende Verdaulichkeit der Proteine

Gehalt an essenziellen Aminosäuren ist massgebend

Kombination pflanzlicher Proteine zur Optimierung der Aminosäuren

Beispiel: Physiologische Beurteilung des Erbsenproteins

Fazit

Quellen

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