Von Dr. sc. nat. ETH Paolo Colombani, Dipl. Ing. ETH Christof Mannhart | Lesezeit 3 bis 4 Minuten
Die WHO bemüht sich seit dem Jahr 1948 für die Gesundheit der Menschen auf einer sicheren Welt. So ist zum Beispiel ihr Engagement in Krisengebieten unbestritten. Die WHO-Empfehlungen zur Ernährung lösen aber immer wieder Kopfschütteln aus. Das jüngste Beispiel: Zur Prävention einer ungesunden Gewichtszunahme soll man die Fette auf maximal 30 Energieprozent der Energiezufuhr reduzieren.
Die WHO ist eine Institution der Vereinigten Nationen und ihre Ziele zur Sicherstellung eines gesunden und ungefährdeten Lebens stehen ausser Diskussion. Lange Zeit sah es aber bei der Herleitung ihrer entsprechenden Empfehlungen problematisch aus. Im Jahr 2007 stellte eine unabhängige Prüfung ihrer Empfehlungen fest, dass die meisten davon auf der persönlichen Meinung einzelner Expertinnen und Experten basierten, die – und dies ist der springende Punkt – nicht durch Belege aus der Forschungsliteratur gestützt waren 1. Eine persönliche Meinung ohne entsprechende Belege ist in der Wissenschaft aber kaum etwas wert. Denn jede wissenschaftliche Aussage von guter Qualität basiert auf transparenter und überprüfbarer Evidenz von möglichst hohem Niveau. Die persönliche Meinung von Expertinnen und Experten ohne Darstellung der begleitenden Fakten gilt hingegen als niedrigstes Niveau der Evidenz – auf das man besser nicht zurückgreift 2.
Nach 2007 führte die WHO die Nutzung von üblichen Standards zur Herleitung von Empfehlungen ein 3. Seither verwendet sie systematisch durchgeführte Übersichten der Literatur und kommissioniert solche, falls keine existieren oder sie älter als zwei Jahre sind. Dies ist sehr begrüssenswert und man könnte meinen, die Probleme der WHO bei der Herleitung ihrer Empfehlungen wären dadurch definitiv gelöst. Aber die Nutzung von Übersichten der Literatur ist nur der erste Schritt zur Herleitung von Empfehlungen. In weiteren Schritten müssen die Übersichten kritisch beurteilt, auf ihre biologische Plausibilität geprüft und in einen ganzheitlichen Kontext gesetzt werden. Nur so können echte, evidenzbasierte Empfehlungen entstehen. Bei den WHO-Empfehlungen zur Ernährung wird nur der erste Schritt der Standards zu ihrer Herleitung genutzt. Die Folge: Es resultieren immer wieder fragwürdige Empfehlungen (siehe unsere Artikel zu den Empfehlungen zum Salz und zum Zucker). Die jüngste Empfehlung zu den Fetten reiht sich leider nahtlos in diese ein.
Die aktualisierte WHO-Empfehlung zu den Fetten
Heterogene Ergebnisse bei Reduktion der Fettzufuhr
Führte eine selektive Studienwahl zum fragwürdigen Ergebnis?
Fazit
Quellen
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